Rand und Band
Mittwoch, 27. Oktober 2021

Neu im MOMA, meine neueste Kreation: Die formschöne Arschvase, nach einem Entwurf von Hans A. (1887-1966)

Der Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel ist einer Studie zufolge für Millionen Deutsche kaum möglich, weil sie kein ausreichendes Bus- und Bahnangebot an der nächsten Haltestelle haben.

(www.deutschlandfunk.de, 27.10.2021)

Das ist ja mal eine bahnbrechend neue Erkenntnis. Hat keinen Bart, nein nein.

Kürzlich las ich von Josef Settele einen Text, den, überschrieben mit Jetzt ist die Zeit, die Natur zu retten, ich für geeignet halte, zu kommentieren.

Wenn die Aufgabe ist, "die Natur zu retten", dann kommt es sehr darauf an, was unter dem Begriff 'Natur' gemeint ist. Da Settele auf die Zerstörung der Pflanzen- und Tierwelt, auch ihrer Diversität sowie der abiotischen Natur, also Klima, Boden-, Wasserchemie, Geomorphologie usw. eingeht, handelt es sich vornehmlich um den Naturbegriff der modernen Biologie (und Ökologie). Geht es explizit darum und sieht man sich die zeitliche Dimension irdischer Evolution an, Jahrmilliarden, müssen wir uns darüber womöglich wenig Gedanken machen. Der langen Atem birgt große Chancen, dass sich Leben nach seiner Zerstörung irgendwann neu erfindet. (Selbst wenn nicht, endet Leben in einem erweiterten kosmologischen Verständnis sehr wahrscheinlich nicht mit seiner Auslöschung auf diesem unserem Planeten.)

Natur nach streng biologischer und überindividueller Bedeutung braucht keine Rettung. So wenig, wie sie der Rettung einer spezifischen Art, sagen wir der Saurier bedurfte, denn irgendwann gebar sie neues Leben. Wenn es aber darum geht, eine spezifische Art zu erhalten, dann muss die "Ökosystemleistung" darauf zugeschnitten sein, also die ökologische Nische dieser Art bewahrt werden. Und wenn diese Art der Mensch ist, dann müssen wir Natur um unseretwillen retten, für uns Menschen.

Diese erste umfassende Bewertung der Natur stellt klar, wie der Mensch in wahrhaft planetarischem Ausmaß die Umwelt verändert, obwohl er vollkommen von ihr abhängt.

Ebendies. Der Mensch hängt vollkommen von ihr ab. Er verändert seine (biologische) Umwelt aber nicht obwohl er von ihr abhängt, sondern gerade weil er ihr anhängt - er ist ihr zugehörig. Deshalb verändert er sie unweigerlich. Jeder Schritt, den wir tätig unternehmen, hinterlässt deshalb auch den Fußabdruck dieses Schrittes in der Natur. Immer. Und weil wir ihr zugehörig sind, haben die Spuren die wir ihr hinterlassen wiederum Konsequenzen für uns Menschen usw.

Diese permanente wechselseitige Beeinflussung ist also nicht nur biologisch-natürlich von Bedeutung, sondern auch kulturprägend für Menschen.

Zerstörte und zerstörerische Natur sind also nur die zwei Seiten derselben Münze. Sie sind das Bild unseres Verhältnisses zur Natur — und also auch zu uns selber. Wir müssen uns ebenso schützen vor ihrem rohen Walten wie schützend hinter sie stellen. Also zum Beispiel ebenso mit allen gebotenen Mitteln Seuchen abwehren, wie ihr das notwendige Maß Selbstentfaltung zugestehen, ohne sie für unsere Zwecke, die Gewinnabsicht, auszuweiden.

Um also auf den Titel des Textes zurückzukommen: "Jetzt ist die Zeit, die Natur zu retten" — wenn, zweifelsohne, die Zeit ist, diese unsere Natur zu retten, dann ist die Zeit, uns um die Beherrschung unseres Verhältnisses zur Natur zu kümmern. "Märkte" der Profitmacherei, endlosem Wirtschaftswachstum und entgrenzter Konkurrenz als kultur- beziehungsweise gesellschaftsbildende Faktoren, sind in dieser Hinsicht Insignien der Unbeherrschtheit. Die vielbeschworene ökologische Wende wird so ihr Ziel zwangsläufig verfehlen.

Sie sind nicht angemeldet